Der Landrat unseres Landkreises ist groß darin, wenn es darum geht, Pressetermine wahrzunehmen, selbst in Herrn Orbans TV in Ungarn. Zu Hause löst er aber kein einziges Problem, obwohl er genau dafür gewählt ist. Und verbreitet stattdessen Fake News.

Sein beliebtestes Wort ist "Klartext reden". Das heißt für ihn: auf andere schimpfen. Meist auf den Bund, mal aufs Land, anfangs auch auf die Kommunen. Nur wenn es um seine eigene in der Kommunalverfassung und Gesetzen klar umrissene Verantwortung geht, findet Herr Schomann keine Worte. Dabei zeigt ein einfacher Blick auf andere Landkreise, dass es anders, besser geht, auch in der Frage der Flüchtlings-Unterbringung.

Erinnern wir uns:

Es war Herr Schomann, der allein die Entscheidung traf, in Upahl Container für bis zu 500 im Asylverfahren befindliche Flüchtlinge aufzustellen. Ohne die Anwohner vorab zu informieren. Der Kreistag durfte lediglich über die Finanzierung der Container abstimmen.

Es war Herr Schomann, der seit 1,5 Jahren bis heute keine ernsthaften Gespräche mit den größeren Gemeinden über echte Lösungsmöglichkeiten für eine dezentrale, auf viele Schultern verteilte Flüchtlingsunterbringung führte, entsprechend Größe und Infrastruktur der Gemeinden. Konstruktive Vorschläge wurden sogar zurückgewiesen.

Es war Herr Schomann, der sich bis heute in keiner Weise am Glätten der Wogen nach seinem verunglückten Upahl-Vorstoß beteiligt hat. Nicht ein einziges Mal war bisher etwas zu hören, das die Akzeptanz der Bevölkerung für eine zufriedenstellende Unterbringung der Flüchtlinge erhöht hätte. Dabei wäre das eine seiner Kernaufgaben.

Es war Herr Schomann, der erst kürzlich in einem Interview des WELT-TV stattdessen behauptete, dass es auf die Größe der Unterkünfte gar nicht ankäme, denn für keine sei eine Akzeptanz herzustellen. Ohne es überhaupt je ernsthaft versucht zu haben.

Es war Herr Schomann, der im gleichen Interview auch vor Unwahrheiten und Halbwahrheiten nicht halt machte, um die Stimmung gegen Flüchtlinge anzuheizen:

Angeblich sei die Anerkennungsquote kleiner als 50%. Fakt ist für den Zeitraum Januar bis Juli 2023, dass bundesweit 79.503 Anerkennungen 32.410 Ablehnungen gegenüberstehen (71% zu 29%), und weitere 41.999 "formelle Entscheidungen" getroffen wurden, die positive wie negative Entscheidungen enthalten ,z.B. bei der Zusammenführung von Verfahren (BAMF-Report Juli 2023). Selbst wenn diese alle negativ wären, was nicht zutrifft, läge die Anerkennungsquote über 50%.

Und mit Halbwahrheiten geht es im WELT-Interview weiter: Als Beispiel für die von ihm heraufbeschworene Flut an Asylbewerbern führt Schomann an, die Zahl der über Belarus zu uns gekommenen Flüchtlinge sei um 270 % gestiegen. Dass Lukaschenko sein Geschäft mit Schleusertum macht, ist ohne Frage empörend. Aber 270% Anstieg beziehen sich laut Bundespolizei gar nicht auf die Grenzübertritte aus Belarus, sondern auf unerlaubte Einreisen über die deutsch-polnische Grenze. An der kommen auch Flüchtlinge aus anderen Routen an. Von Januar bis Juni 2023 waren es 12.331, also gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahrs 7.739 mehr (= 269% Zuwachs). Bei insgesamt 150.166 neuen Asylanträgen von Januar bis Juni diesen Jahres ist dies eine vergleichsweise geringe Zahl, die aber gut zum Stimmung machen herhält. Tatsächlich stieg die Zahl aller Asyl-Erstanträge von Januar bis Juli diesen Jahres um 78% gegenüber dem gleichen Vorjahrszeitraum (BAMF-Reports 7/2023 und 7/2022).

Es steht Herrn Schomann bei all diesen Verfehlungen schlecht zu Gesicht, für seine Inkompetenz auch noch frühere Entscheidungen seiner Vorgängerin im Amt als Ausrede zu benutzen: 2015/2016 klappte die Verteilung der Flüchtlinge im Landkreis sehr zügig. Es wurden neben der Gemeinschaftsunterkunft in Wismar auch viele dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten genutzt, alles sehr kurzfristig.

Nun hat Herr Schomann anderthalb Jahre verstreichen lassen, ohne sich ernsthaft um eine Lösung zu bemühen. So entstehen hausgemachte Probleme!

Wir brauchen aber keinen Landrat, der nur anderen Schuld zuweist aber selbst keine Probleme löst.